Fußbodenheizung für historisches Parkett: Ehemaliges Togal-Verwaltungsgebäude denkmalgerecht saniert
Wohnen und arbeiten in denkmalgeschützter Bausubstanz steht hoch im Kurs, ist aber oft mit Abstrichen bei Komfort, Raumklima und Energieverbrauch verbunden. Bei der Sanierung
der ehemaligen Betz’schen Gastwirtschaft bzw. des späteren Verwaltungsgebäudes der Togal-Werke im Münchner Stadtteil Alt-Bogenhausen gelang der Spagat zwischen Bewahren der denkmalgeschützten Bausubstanz, moderner, energieeffizienter Gebäudetechnik und elegantem Ambiente. Mit dazu beigetragen hat eine Fußbodenheizung in Kombination mit einer sehr präzise arbeitenden Einzelraumregelung.
Baudenkmale haben ihren besonderen Charme, der jedoch fürdie Bewohner bzw. Nutzer oft mit eingeschränktem Komfort einhergeht.
Hinzu kommt, dass die Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden in der Regel mit erheblichen konservatorischenAuflagen verbunden ist, die eine energetische Sanierung auf EnEV-Niveau erschwert. Ein besonders gut gelungenes Beispiel ist die Konversion der ehemaligen Togal-Werke in München-Bogenhausen inklusive der Sanierung eines Verwaltungsgebäudes mit erhaltenswerter Bausubstanz durch die Bayerische Hausbau (Schörghuber Unternehmensgruppe, München), in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Prof. Dr.-Ing. Günter Laux, München. Auf dem ehemaligen 5.100 m2 großen Industrieareal an der Ismaninger Straße ließ die Bayerische Hausbau fünf Neubauten mit Eigentumswohnungen im gehobenen Segment mit 8.200 m2 Wohnfläche, ca. 1.600 m2 Bürofläche und rund 360 m2 Einzelhandelsfläche erstellen. Eine Besonderheit der Revitalisierung ist die Sanierung eines aus dem 19. Jahrhundert stammenden denkmalgeschützten neubarocken Bestandsgebäudes, das ursprünglich als herrschaftliche Gastwirtschaft gebaut wurde und den in den 1920er-Jahren hinzugekommenen Togal-Werken als Verwaltungsgebäude diente. Nach der Reorganisation der Togal-Werke im Jahr 2009 wurde das Gelände in Bogenhausen veräußert; Sitz der Togal-Zentrale ist seither die Adresse „Fünf Höfe“ in der Münchner Innenstadt. Die denkmalgerechte Sanierung des Gründerzeit-Baus erfolgte durch das Architekturbüro Braun Architekten GmbH, München.
Historie und Moderne harmonisch verbunden
Ein Vertriebsprospekt der Bayerischen Hausbau beschreibt die behutsame Sanierung des Gebäudes aus der Gründerzeit zur „Villa Lagot“ sinngemäß so: „ …neben einer Bürofläche von rund 730 m2 im Erd- und Untergeschoss umfasst die Stadtvilla drei Fünf-Zimmer-Einheiten (ca. 450 m2 Wohnfläche) im 1. OG, etwa 300 m2 Wohnfläche im 2. OG und 270 m2 Wohnfläche im Dachgeschoss.
Die Einheiten bestechen durch ihre weitläufigen Grundrisse, die sich teilweise über zwei Ebenen erstrecken. Die Ausstattung verbindet Historie und Moderne: Räume mit Flügeltüren, geölten Fischgrät-Eichenparkettdielen, Stuckdecken und historischen Bodenfliesen, ergänzt durch fußbodenbeheizte Natursteinbädermit edlen Designerarmaturen, moderne Technik und zeitgemäß elegantem Interieur.“
Da eine energetische Sanierung nach EnEV 2014 (Altbau) wegen der denkmalrechtlichen Vorgaben nicht möglich war, insbesondere wegen der historischen Fassade, wurde von den Technikplanern der Bayerischen Hausbau alle anderen Möglichkeiten zur Erreichung des förderfähigen Gebäudestandards „KfW-Effizienzhaus Denkmal“ genutzt1).
Die wichtigsten Maßnahmen sind:
– Wärmeerzeugung (90 kW) und Trinkwassererwärmung(50 kW) über Fernwärme mit je einem separaten Anschluss
– komplett neues Heizsystem mit neuer Rohrverteilung und imFlur angeordneten Fußbodenheizungsverteilern
– Fußbodenheizung in allen Räumen mit ausreichender Stockwerkshöhe; bei niedrigeren Deckenhöhen und in Nebenräumen auch Heizkörper bzw. Sockelleistenheizkörper (Dachgeschoss)
– hochwertige Einzelraumregelung „Thermozyklus“ in allen Räumen, teilweise mit mehreren Regelzonen, mit separater Zentraleinheit je Mieter
– proportional arbeitende Stellventile (elektromotorisch) mit sehr geringem Eigenstromverbrauch (50 mW/Stellmotor)
– RLT-Anlagen (2) als Zu-/Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung; erhöhter Luftwechsel im Erdgeschoss; Luftleitungen in Zwischendecken
– zusätzliche Raumkühlung der Wohnräume im Dachgeschoss über ein separates, im Dachgeschoss aufgestelltes RLT-Gerät
– komplett neue Fenster nach historischem Vorbild in der Ausführung Holzkastenfenster (Eiche) mit hellem Blend- und Sonnenschutz zwischen dem äußeren Fensterflügel (Einfachverglasung) und dem inneren Flügel mit Wärmeschutzverglasung; Kastenfensterkonstruktion mit CE-Kennzeichnung, durch IFT Rosenheim geprüft.
– hochwertige Dachflächenverglasung im Dachgeschoss (motorisch öffenbar) mit darüber angeordneten Ziegellamelen, so genannten „Baguettes“. Dadurch entsteht von der Zuwegung her gesehen das homogene Bild einer geschlossenen Dachlandschaft nach den Vorgaben des Denkmalschutzes
– Wärmedämmmaßnahmen in den Bereichen Dachstock, Obergeschoss und Untergeschoss.
Intelligente Regelung für Fußbodenheizung und Heizkörper
Wichtig für den Eigentümer wie auch für die Mieter der Stadtvilla ist ein optimales Zusammenspiel von Fußbodenheizung und Einzelraumregelung. Wegen der vollflächigen Verlegung von geöltem Echtholz-Eichenparkett, teilweise sogar unter Verwendung des historischen Belags, entschied sich der Projektentwickler für eine Fußbodenheizung in Sonderkonstruktion (Fabrikat Praski, Typ Bavaria Xeros) mit folgendem Aufbau:
– Trockenestrich, schwimmend verlegt
– Aluminiumleitbleche fest verbunden mit den Systemträgerelementen zur Aufnahme der diffussionsarmen Kunststoffrohre
– geringe Bauhöhe des Trägerelements bei optimaler Trittschalldämmung.
Durch die vollflächigen Aluminiumleitbleche ist eine gleichmäßige, Parkett schonende Beheizung mit geringen Systemtemperaturen möglich (25 bis 38 °C Vorlauftemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur).
Um einen hohen Raumkomfort bei niedrigem Energieverbrauch zu erreichen, erfolgt die raumweise bzw. sektionale Regelung der Fußbodenheizung durch die eu.bac.-zertifizierte Einzelraumregelung von Thermozyklus, Gauting. Die eu.bac.-Zertifizierung basiert auf den europäischen Normen der EN 15500 „Automation von HLK-Anwendungen“ und liefert einen gesicherten Nachweis über die Energieeffizienz, Qualitätssicherung und Regelgenauigkeit (Energieeffizienzklasse AA) des Regelungssystems.
So liegt die Regelgenauigkeit „ca“ (control accuracy) bei der Thermozyklus-Regelung für Heizkörper bei 0,2 K, die für Fußbodenheizungen bei 0,5 K.
Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal der Thermozyklus-Regelung zu anderen Einzelraumregelungssystemen ist die Erfassung auch kleinster Temperaturveränderungen im Raum von 1/100 °C. Dadurch wird die Zentraleinheit (maximal 30 Regelkreise) in die Lage versetzt, die Trägheit eines Heizsystems im Kontext mit den bauphysikalischen Eigenheiten des Raums zu erkennen (Speichervermögen, innere und äußere Lasten), um daraus Ein- und Ausschaltzeitpunkte und Ventilöffnungen für den jeweiligen Sektor bzw. das jeweilige Wärmeübertragungssystem
(Fußboden, Heizkörper) zu berechnen. Bei einer Fußbodenheizung und einem Gebäude in Massivbauweise wie der Villa Lagot bedeutet das eine Phasenverschiebung der Ein- bzw. der Ausschaltpunkte von mehreren Stunden. Dadurch wird eine Regelgenauigkeit von ±0,15 K erreicht, egal, ob bei Fußbodenheizung, Radiatoren oder Fußleisten-Heizkörper.
Ein weiterer Vorteil der Thermozyklus-Einzelraumregelung ist die Stromversorgung der Stellmotoren über den Datenbus, d. h., die Zwei-Draht-Bus-Verbindung (18 V) reicht für den Antrieb der
elektrischen Stellmotoren aus.
Die einwandfreie Funktion der Regelkreise wird durch den im Thermozyklus-Regler hinterlegten automatischen hydraulischen Abgleich gewährleistet. Engagierter fachhandwerklicher Partner
beim Einbau der Fußbodenheizung und der Umsetzung des Regelungskonzepts unter denkmalpflegerischen Vorgaben war die Wittmann Haustechnische Anlagen GmbH & Co. KG, Dachau.
Fazit
Auch in denkmalgeschützten Gebäuden lässt sich energieeffizient wohnen und arbeiten. Der Standard „KfW-Effizienzhaus Denkmal“ kann durchaus ohne die nachträgliche Dämmung der Außenwände erreicht werden. Bei der Villa Lagot tragen der Fernwärmeanschluss, die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und das Niedertemperatur-Heizsystem Fußbodenheizung in Kombination mit der eu.bac.-zertifizierten Einzelraumregelung von Thermozyklus ganz wesentlich zum Erreichen des KfW-Zielwerts bei. Die einfach zu bedienenden Raumgeräte in Verbindung mit der Zentraleinheit je Mieteinheit (mit der Option Fernbetrieb/Fernüberwachung) lassen individuelle Komforteinstellungen je nach Raumnutzung zu. Gegenüber konventionellen Regelungsverfahren ist eine Energieersparnis von bis zu 30 % möglich.
Eine Information der Thermozyklus GmbH & Co. KG, Gauting